Eine Anekdote, die Marcel im Mai auf seinem Weg von Shanghai nach Tokio widerfahren ist, haben wir euch bisher vorenthalten.
Früh morgens brach er dienstbeflissen zum Flughafen Pudong auf, um wie gewohnt den Delta-Flieger nach Tokio zu erwischen. Bei den letzten Flügen mit Delta nach Japan kam immer ein neues, modernes
und gemütliches Flugzeug der Baureihe Boeing 777 zum Einsatz. Doch heute war alles anders... Bereits beim Check-in wurde Marcel mitgeteilt, dass eine andere Maschine kommen würde und daher die
Sitzplatzreservierungen umgeworfen worden waren. Zudem hätte besagte ALternativmaschine 1 Stunde Verspätung. Zwar hatte Marcel bereits zu diesem Zeitpunkt ein Bauchgrummeln links unten, aber noch
ahnte er nichts von den weiteren Geschehnissen.
Mit einer Stunde Verspätung sah Marcel eine Boeing 747 älteren Semesters an die Gangway vorrollen, kurz danach begann auch schon das Boaring - alles war in Ordnung, bei nur einer Stunde
Verspätung quängelt man in China noch nicht... Im Flieger angekommen, machte es sich Marcel gemütlich, beäugte das leicht angestaubte Interieur zweifelnd und wollte just in den üblichen Flugmodus
(schlafend) schalten als ihn die Durchsage davon abhielt, dass sich der Abflug noch ca. um eine weitere Stunde verzögern würde.
Nachdem die Fluggäste immer unruhiger wurden, rückte die Flugbesatzung dann auch mit dem wahren Grund der Verzögerung heraus:
Das Tanksystem des hochmodernen Flughafens in Pudong war leider mit solch altmodischem Fluggerät, wie der Boeing 747 von Delta, nicht mehr kompatibel. Sprich: Man konnte das Flugzeug nicht
betanken!
Somit war jetzt die spontane Lösungsfindung der Chinesen und der Besatzung gefragt, um doch noch irgendwie Treibstoff in die Tanks zu bekommen und den alten Vogel auf den Weg schicken zu können.
Flugzeuge dieser Baureihe können in Shanghai nicht mehr landen und es stellte sich heraus, dass tatsächlich der falsche Flieger von Tokio nach Shanghai geschickt worden war. Ein paar Stunden
später waren viele Passagiere, die Termine und Anschlussflüge in Tokio ohnehin nicht mehr erreichen konnten, wieder ausgestiegen. Der Rest war sehr schlecht gelaunt und bisweilen hungrig. Aber
die Besatzung kam ihrer Pflicht die wartenden Fluggäste zu versorgen artig nach: Sie bestellte ganz amerikanisch um die 200 Burger und Pommes bei Burger King im Flughafengebäude und servierte
jedem missmutig dreinschauenden Fluggast ein "to-go"-Tütchen. Die Gesichter der Burger King Mitarbeiter auf Grund dieser nicht so alltäglichen Großbestellung können wir uns sehr gut vorstellen.
:)))
Die Lage spannte sich schließlich noch einmal an, als sich der Pilot sehr offen an die Wartenden richtete: Man hätte nun eine Lösung des Betankungsproblems gefunden und die Tanks auch schon
irgendwie befüllt - manuell. Wie der Treibstoff nun in die Tanks gelangt war, wissen wir leider nicht. Aber, da es so lange gedauert hat, könnten Becher eine entscheidende Rolle gespielt haben;
dies würde auch erklären, warum niemand zu seinem Burger King "to-go"-Menü einen Becher Cola bekommen hat...
Viel gravierender jedoch war die Aussage des Pilots, dass aufgrund der manuellen Betankung, aktuell unklar wäre, wie viel Sprit nun tatsächlich an Bord sei, sprich wir auch das Startgewicht des
Fliegers nicht wirklich kennen. Man arbeite derzeit daran, über manuelle Berechnungen, dieses neu entstandene Problem ebenfalls zu lösen...
Gegen 16 Uhr und nach mittlerweile 7 Stunden sich nicht bewahrheitenden Ankündigungen des baldigen Losrollens hob die alte Lady dann doch noch ab, mit den hoffenden Gesichtern der im Flugzeug
verbliebenden, dass die Berechnungen richtig durchgeführt wurden, sich niemand bei den Kerosinbecherchen verzählt hat und am Ende der Sprit tatsächlich bis Tokio reichen würde - was er
tatsächlich tat und somit eine sichere Landung gegen 21 Uhr erfolgte (bei einem geplanten Abflug um 09:00 morgens!)
Der verspätete Abflug hatte übrigens auch sein Gutes: Am frühen Morgen gab es in der Bucht von Tokio ein Erdbeben der Stärke 6. Es hätte somit bei einem planmäßigen Flug eine sehr holprige
Landung geben können.
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